Achtung: Die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) kommt zum Jahresende

Aktualisiert: 04. November 2024

8 min.

Haufe Redaktion Mittelstand Cloud ERP Handel & Vertrieb

Der Klimawandel schreitet voran, Wetterextreme nehmen zu, Temperaturen steigen und die Lebensräume verschiedener Tier- und Pflanzenarten sind bedroht. Da ist jeder noch so kleine Hebel ein Strohhalm, um den Klimawandel zu verlangsamen. Weil weltweit jedes Jahr weiterhin ca. 10 Millionen Hektar Waldfläche gerodet werden, hat sich die EU dazu verpflichtet, den Waldschutz zu intensivieren und Maßnahmen zur Wiederaufforstung zu fördern, um den Verlust der Wälder zu stoppen und die Biodiversität zu erhalten. Mit der am 29. Juni 2023 in Kraft getretenen neuen EU-Entwaldungsverordnung (EUDR) sollen Klimawandel und Artensterben weiter eingedämmt werden – und das ist schon der zweite Schritt in diese Richtung.

Neue Sorgfaltspflichten: Das EUDR im Überblick

Mit der Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes wurde bereits der Startschuss für eine kontrollierte Lieferkette gegeben. Nun reiht sich hier die EU-Entwaldungsverordnung ein. Für viele Unternehmen bedeutet das zusätzliche Sorgfaltspflichten. Die EUDR bestimmt, dass bestimmte Rohstoffe wie Soja, Rindfleisch, Palmöl, Holz, Kakao, Kaffee, Kautschuk und daraus hergestellte Erzeugnisse nur dann in den EU-Markt eingeführt, ausgeführt oder auf diesem bereitgestellt werden dürfen, wenn sie entwaldungsfrei sind. Somit dürfen sie nicht mit Entwaldung oder Waldschädigung im Zusammenhang stehen. Welche Pflichten für Unternehmen damit einhergehen und wie Sie diese mit so wenig Aufwand wie möglich meistern, erfahren Sie hier in diesem Artikel.

Zielsetzung des EUDR

Die neue EU-Verordnung soll verhindern, dass Produkte, die mit Entwaldung, Waldschädigung oder illegaler Vertreibung der lokalen Bevölkerung am Anfang der Lieferkette in Verbindung stehen, im EU-Markt vertrieben werden.

 

Entwaldungsfrei bedeutet, dass jegliche Entwaldung für importierte Produkte ausgeschlossen ist. Auch diejenige, die im Erzeugerland legal wäre. Im Detail heißt das, Produkte sind entwaldungsfrei, wenn Flächen, auf denen sie oder Teile produziert werden, nicht nach dem 31. Dezember 2020 entwaldet und dort seitdem keine Waldschädigung stattgefunden hat.

Das fördert den Handel mit umweltfreundlichen Produkten und reduziert die durch Waldzerstörung indirekt verursachten Emissionen und den Biodiversitätsverlust.

Zuvor galt die Holzhandelsverordnung (EUTR), die nun durch die neue Reform erweitert wird.

Mit der EUDR erwarten Unternehmen einige Pflichten

90 % der weltweiten Waldrodung hängt mit der Ausdehnung landwirtschaftlicher Flächen zusammen. Die EUDR soll das ab Ende des Jahres 2024 reduzieren.

Vor allem große Unternehmen und Konzerne müssen künftig eine umfassende Sorgfaltsprüfung (Due Diligence) durchführen, bevor sie bestimmte Rohstoffe und Produkte auf den EU-Markt bringen oder exportieren. Dies beinhaltet die Sammlung detaillierter Informationen über die Herkunft der Waren, eine gründliche Risikobewertung sowie gegebenenfalls Maßnahmen zur Risikominderung. Außerdem müssen Unternehmen eine Sorgfaltserklärung abgeben, in der sie bestätigen, dass ihre Produkte den EUDR-Anforderungen entsprechen und nicht zu Entwaldung oder Waldschädigung beigetragen haben. Ein internes Kontrollsystem muss die Einhaltung dieser Pflichten sicherstellen und dokumentieren.

Der dreistufige Sorgfaltsprozess

Der EUDR-Sorgfaltsprozess ist dreistufig und abhängig vom Warenbezugsland. Erst bei Abschluss des Verfahrens, dürfen Produkte importiert oder ausgeführt werden. Im folgenden Schritt skizzieren wir Ihnen den Prozess:

 

Schritt 1: Informationssammlung

Dieser Schritt ist für alle Unternehmen notwendig, die zur Erfüllung der Verordnung verpflichtet sind. Die Informationssammlung sollte unter anderem eine genaue Beschreibung der Ware, das Herkunftsland, Informationen der Herstellung, die belegen, dass die Ware gemäß den Vorschriften hergestellt wurde, enthalten. Hier erfahren Sie, welche Informationen Sie außerdem benötigen.

Schritt 2: Risikobewertung

Dieser Schritt gilt vor allem für Unternehmen, die Waren aus Ländern mit Standard- oder hohem Risiko beziehen. Bei der jährlichen Risikobewertung der gesammelten Informationen müssen Kriterien wie die Risikokategorie des Herkunftslandes, das Ausmaß von Entwaldung und Vorkommen indigener Völker berücksichtigt werden. Welche Kriterien Sie zudem nicht außer Acht lassen dürfen, lesen Sie hier.

Schritt 3: Risikominderungsmaßnahmen

Zeigt die Risikoanalyse Entwaldungsrisiken auf, müssen Risikominderungsmaßnahmen ergriffen werden. Diese können das Anfordern zusätzlicher Informationen oder Dokumente, das unabhängige Erheben von Daten oder die Überprüfung vor Ort sowie die Unterstützung von Produzenten bei der Implementierung der EUDR beinhalten.

Marktteilnehmer und Händler müssen über effektive Strategien und Kontrollverfahren zur Risikominderung verfügen, einschließlich eines umfassenden Risikomanagementsystems mit internen Kontroll- und Compliance-Mechanismen, Dokumentation und Berichterstattung. Zudem ist der Nachweis jährlicher unabhängiger Audits sowie eines Compliance-Beauftragten erforderlich.

Nach Durchführung der Risikominderungsmaßnahmen und der Reduzierung des Entwaldungsrisikos auf ein vernachlässigbares Niveau, kann die Sorgfaltserklärung eingereicht und die Ware auf dem EU-Markt vertrieben werden. Die Risikominderungsmaßnahmen müssen dokumentiert und jährlich reevaluiert werden.

 

Von der EUDR betroffene Produkte und Rohstoffe

Im Rahmen der EU-Verordnung wurde geschätzt, dass die Entwaldung vor allem auf den Verbrauch und die Erzeugung bestimmter Rohstoffe zurückzuführen sind. Allein bis 2030 soll dieser Schätzung nach die Entwaldungsfläche auf 248 000 Hektar ansteigen. Bei den Rohstoffen handelt es sich um sieben Stück, die in einer Effizienzanalyse untersucht wurden, inwiefern sie zur Entwaldung beitragen:

  • Ölpalme (34 %)
  • Soja (32,8 %)
  • Holz (8,6 %)
  • Kakao (7,5 %)
  • Kaffee (7 %)
  • Rinder (5%)
  • Kautschuk (3,4 %)

Dementsprechend sind von der EU-Richtlinie jegliche Erzeugnisse der oben genannten Rohstoffe betroffen. Das reicht von Holzerzeugnissen wie Brennholz (Scheite, Zweige, Schnitzel o. Ä.), oder Holzmöbel, über Reifen aus Kautschuk, bis hin zu diverse Leder-, Kakao- oder Kaffeeprodukte.

 

Diese Unternehmen müssen handeln

Von der Erfüllung der Sorgfaltspflicht und Risikoanalyse sind gemäß der Richtlinie 2013/34/EU  alle Marktteilnehmer (=alle, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse in den europäischen Verkehr bringt) und Händler (= alle Beteiligten in der Lieferkette, die bei einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem europäischen Markt bereitstellen) betroffen, die keine KMU sind. Wurde die Sorgfaltserklärung bereits abgegeben, sind Unternehmen von der Pflicht befreit.

Ausnahmen für KMU

KMU oder Kleinstunternehmen sind von der Pflicht ausgenommen und können die Pflicht an ihre größeren Händler weitergeben. Wichtig ist für KMU zunächst nur, das Wissen, dass ihre Produkte entsprechend den Vorschriften entwaldungsfrei sind. Dafür müssen sie die relevanten Informationen sammeln und die Referenznummer angeben können.

Existiert keine Sorgfaltserklärung dürfen keine relevanten Erzeugnisse in europäischen Umlauf gebracht werden. Die Erklärung wird über ein sich aktuell im Aufbau befindende System übermittelt. In der Erklärung muss deutlich werden, dass keine Risiken oder nur ein sehr geringes Risiko vorliegt.

 

Fristen – Wann tritt die EUDR in Kraft? 

Am 31. Mai 2023 wurde die EUDR vom europäischen Parlament erlassen und ist seit dem 29. Juni in Kraft. Gemäß einer Übergangszeit von 18 Monaten gilt die neue Richtlinie ab dem 30. Dezember 2024 – KMU haben eine längere Übergangsphase – für sie gilt die Verordnung ab dem 30. Juni 2025.

Wichtig: Die Bundesregierung äußerte sich zuletzt Anfang Oktober im Rahmen einer Pressemeldung zum EUDR mit dem Vorschlag die Umsetzung um ein Jahr zu verschieben. So könnten sich alle Unternehmen besser auf die Verordnung vorbereiten. Ob der Vorschlag angenommen wird, ist noch unklar – dafür müssen der europäische Rat und die europäische Kommission zustimmen.

Strafen und mögliche Sanktionen 

Halten sich Unternehmen nicht an die Fristen oder erfüllen die Sorgfaltspflichten nicht, drohen Sanktionen, die von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) verhängt werden. Das können zuvor festgelegte Bußgelder sein, die bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes ausmachen. Außerdem können Unternehmen ein vorrübergehendes Verbot des Inverkehrbringens, Handelns oder der Ausfuhr relevanter Rohstoffe erhalten.

 

Das sollten Unternehmen zum Frist-Ende beachten

Unternehmen sollten sich unmittelbar um die Umsetzung der neuen Verordnung kümmern. Viele haben bereits durch Überschneidungen mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) eine gute Grundlage geschaffen, die nun durch die EUDR weiter ausgebaut werden kann. Da die neuen Sorgfaltspflichten unvermeidlich kommen, führt eine verspätete Auseinandersetzung mit der Umsetzung zum Fristende zu Stress, Fehlern und erhöhten Kosten.

Die beste Antwort auf EU Sorgfalts- & Dokumentationspflichten bleibt konsequente Digitalisierung

Relevant für die Umsetzung der EUDR ist eine ausführliche, transparente Kommunikation und Datengrundlage. Damit behalten Sie den Überblick und können bei Gefahren schnell eingreifen.

ERP-Systeme wie Haufe X360 unterstützen Unternehmen dabei, die komplexen Anforderungen der EUDR effizient zu erfüllen und ihre Lieferketten transparent zu gestalten.

ERP als Schlüssel zur EUDR-Compliance

Ein modernes ERP-System fungiert als zentraler Datenhub für alle EUDR-relevanten Informationen die spezialisierte Sustainability Software zu Risikobewertungen und Berichten weiter verarbeitet. Es ermöglicht die lückenlose Rückverfolgbarkeit von Produkten und Rohstoffen entlang der gesamten Lieferkette.

Durch die Bereitstellung von Lieferantendaten, Zolltarifnummern und Herkunftsnachweisen durch ein ERP können Unternehmen schnell und zuverlässig die geforderten Sorgfaltspflicht-Erklärungen generieren.

Automatisierte Workflows unterstützen bei der Risikobewertung betroffener Chargen mittels KI und helfen dabei, potenzielle Verstöße frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Darüber hinaus erleichtert ein ERP-System die Erstellung von Berichten und die Kommunikation mit Behörden, was angesichts der strengen Fristen und möglichen Sanktionen der EUDR von großer Bedeutung ist. Über Integration spezialisierter Compliance-Schnittstellen können Sorgfaltspflichtenerklärungen  so automatisiert erstellt und an die Deforestation Due Diligence Registry der EU gesendet werden. 

Durch die Nutzung eines ERP-Systems als Basis für ein EUDR-Compliance-Tool können Unternehmen nicht nur regulatorische Anforderungen erfüllen, sondern auch ihre Prozesse optimieren und einen Wettbewerbsvorteil in einem zunehmend nachhaltigen Marktumfeld erzielen.

FAQ

Die EUDR tritt voraussichtlich ab dem 30. Dezember 2024 für größere Unternehmen in Kraft. Für KMU und Kleinstunternehmen gilt eine Übergangsfrist bis zum 30. Juni 2025. Wichtig: Aktuell fordert die Bundesregierung in einer Pressemitteilung eine Verschiebung der EUDR um zwölf Monate. Stimmt der europäische Rat und die europäische Kommission dem zu, verschiebt sich die Pflicht auf den 30. Dezember 2025.

Für Marktteilnehmer und Händler, die mit den Rohstoffen Soja, Holz, Rindern, Kakao, Kaffee, Kautschuk und der Ölpalme handeln oder diese weiterverarbeiten. Dabei ist unabhängig in welchem Land Unternehmen die Rohstoffe verarbeiten. Allgemein gilt die Frist zunächst für größere Konzerne und Händler. KMU können die Erfüllung an große Händler abgeben bzw. müssen sich erst nach Ablauf einer Übergangsfrist darum kümmern.

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie Kleinstunternehmen sind von der Pflicht befreit und können diese an größere Händler delegieren. Für KMU ist es zunächst essenziell, sicherzustellen, dass ihre Produkte den Vorschriften entsprechend entwaldungsfrei sind. Dazu müssen sie relevante Informationen sammeln und die entsprechende Referenznummer bereitstellen können.

Die genauen Zolltarifnummern und Produktbeschreibungen können in Anhang I der EUDR eingesehen werden. Zusätzlich bietet die EU-Zolltarifdatenbank TARIC detaillierte Informationen zu den Zolltarifnummern und den damit verbundenen Maßnahmen.