Digitalisierung in der Medizintechnik – Lage der Branche, Herausforderungen, Chancen

Aktualisiert: 24. Mai 2024

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Haufe Redaktion Innovation & Technologie

Eine unternehmensweite digitale Transformation aller Strukturen und Prozesse durch moderne Cloud-ERP-Systeme ist auch für Medizintechnik-Unternehmen ein Muss, wenn sie effizienter werden und nachhaltig wettbewerbsfähig bleiben wollen. Im ersten Teil unserer Blog-Serie zur Digitalisierung in der Medizintechnik geht es zunächst um die Lage der Branche: Wo stehen deutsche MedTech-Unternehmen aktuell? Welche Schmerzpunkte und Herausforderungen sehen die Akteure? Welche Lösungen bietet eine digitale Transformation?  In weiteren Blog-Artikeln gehen wir genauer auf einzelne Aspekte einer umfassenden Digitalisierung und deren Vorteile ein. Wenn Sie schon jetzt neugierig sind, empfehlen wir Ihnen unser Whitepaper zum Thema.

Laut den Ergebnissen der Herbstumfrage des BVMed (Bundesverband Medizintechnologie) von 2023 arbeiten in Deutschland über 250.000 Menschen in der MedTech-Branche, hinzu kommen 13.000 Auszubildende. Der Branchenumsatz beläuft sich auf 38,4 Milliarden Euro bei einer Wertschöpfung von 15,4 Milliarden Euro, die Exportquote liegt bei 67 Prozent. Ein wichtiger Punkt im Zusammenhang mit der Digitalisierung durch moderne Cloud-ERP-Systeme ist zudem die Tatsache, dass es sich bei 93 Prozent um Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) handelt.

Stand der Digitalisierung bei KMU in Deutschland 2023

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) kommt in seinem Digitalisierungsindex 2023 zu dem Ergebnis, dass von deutschen Unternehmen mit einem bis 49 Beschäftigten nur 25 Prozent in die Kategorie „stark digitalisiert“ fallen. Bei Unternehmen mit 50 bis 249 Beschäftigten sind es 34,9 Prozent, so dass sich für KMU insgesamt ein Wert von 29,95 Prozent ergibt. Bei größeren Unternehmen liegt der Anteil bei 42,3 Prozent.

In dieselbe Richtung deuten die Ergebnisse der Studie „Digitalisierung und ökologische Nachhaltigkeit in Unternehmen 2023“ der Bundesnetzagentur, in der KMU und Großunternehmen miteinander verglichen werden. Demnach bleiben in Deutschland derzeit insgesamt etwa 20 Prozent an identifizierten Digitalisierungspotentialen ungenutzt. Über eine umfassende Digitalisierungsstrategie – als Basis für eine unternehmensweite digitale Transformation – verfügen nur 33 Prozent der KMU. Dem stehen 75 Prozent bei Großunternehmen gegenüber.

Die Autoren merken zudem an, dass viele brachliegende Digitalisierungspotenziale erst dann erkennbar werden, wenn eine umfassende Digitalisierungsstrategie tatsächlich erarbeitet wird – etwa als Grundlage zur Implementierung eines Cloud-ERP-Systems. Hier gilt es, rechtzeitig gegenzusteuern. Heutige, intelligente Cloud ERP-Systeme der „vierten Generation“ (Gartner) können also als in vielerlei Hinsicht die Basis für einen umfassenden Digitalisierungsprozesses bilden.  

 

Bessere Wettbewerbschancen durch Digitalisierung

Auch andere Ergebnisse der Herbstumfrage 2023 des BVMed deuten darauf hin, dass eine digitale Transformation Medizintechnik-Unternehmen deutlich verbesserte Wettbewerbschancen eröffnen würde. Insgesamt ist die Lage der Branche derzeit angespannt: Die Gewinne gehen zurück, die Kosten steigen, das Investitionsklima ist an einem Tiefpunkt, der Fachkräftemangel virulent. Nachfolgend finden Sie eine Auswahl an Schmerzpunkten, die von den im Zuge der Studie befragten Unternehmen genannt werden. Dazu zeigen wir jeweils Möglichkeiten auf, wie sich diese Herausforderungen mit Hilfe eines modernen Cloud-ERP-Systems angehen und bewältigen lassen.  

Vereinfachte regulatorische Compliance

78 Prozent der befragten Unternehmen wünschen sich vor allem weniger Bürokratie, um Kosten zu senken, ihre angespannte Geschäftslage zu verbessern und den Standort Deutschland für die MedTech-Branche insgesamt attraktiver zu machen. 61 Prozent geben die MDR-Implementierung als wichtigste Hürde an. Zwar lassen sich durch die Implementierung eines Cloud-ERP-Systems die bürokratischen Anforderungen in Deutschland und der EU nicht verändern, sie sind aber wesentlich einfacher, schneller und effizienter zu bewältigen: Eine moderne Cloud-ERP-Lösung mit vollständig integriertem digitalem Qualitätsmanagementsystem (QMS) ermöglicht es schon beim Einrichten bzw. bei der Implementierung, im Produktionsmodul des ERP alle Einzelprozesse im Workflow zu kennzeichnen, die für die qualitativen Eigenschaften der zu zertifizierenden Produkte relevant sind.

Werden am Herstellungsprozess eines Produktes einzelne Schritte verändert, lassen sich im ERP-System diejenigen sofort identifizieren, die von Benannten Stellen auditiert werden müssen. So können Arbeitsaufwand und Kosten für Auditierungen deutlich verringert werden. Das gleiche gilt für das ERP-System selbst: Werden an ihm im Zuge von Software-Updates Veränderungen vorgenommen, zeigt es an, ob diese relevant für die Eigenschaften der Produkte sind, deren Herstellungsprozesse sie betreffen. Neben der Verringerung von Arbeitsaufwand und Kosten entsteht so zudem insgesamt ein Höchstmaß an Transparenz und Sicherheit, wenn es um die allgemeine regulatorische Compliance geht, denn jeder einzelne Schritt wird revisionssicher dokumentiert und nachverfolgbar.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die konkrete Umsetzung des MDR-Systems ist nach wie vor Gegenstand fachlicher Kontroversen. Ein modernes Cloud-ERP-System ist von vorneherein so flexibel, dass sich Änderungen als Reaktion auf neue Entwicklungen in diesem Bereich leicht vornehmen lassen. Mehr zum Thema Cloud-ERP-Systeme und Qualitätsmanagement in der Medizintechnik erfahren Sie in unserem nächsten Blog-Beitrag und in unserem Whitepaper.

Höhere Chancen beim Recruiting

39 Prozent der vom BVMed Befragten nennen den Fachkräftemangel als Problem bei der Geschäftsentwicklung. Gesucht werden vor allem Ingenieurinnen und Ingenieure (40 Prozent), Informatiker und Data Scientists (33 Prozent), Medizintechniker (29 Prozent) und Naturwissenschaftler (20 Prozent).  Zwar kann man das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften nicht einfach beeinflussen, wohl aber die Attraktivität des eigenen Unternehmens: Gerade Technologie- und IT-affine, gut ausgebildete Arbeitskräfte werden sich bei der Auswahl ihres Arbeitgebers für Unternehmen mit hohem Digitalisierungsgrad entscheiden.

Zum einen wissen sie um die Wichtigkeit digitaler Prozesse und Strukturen für Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit – und letztlich die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes. Zum anderen wollen sie ihre Fähigkeiten gewinnbringend und erfolgreich in solchen Unternehmen einbringen, die ihnen dies auch IT-seitig ermöglichen. Moderne Cloud-ERP-Systeme verfügen beispielsweise über Funktionalitäten und Schnittstellen, die den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (AI) oder Machine Learning (ML) bei der Produktentwicklung unterstützen - Faktoren, die in der Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnen werden.

Vorteile durch Vernetzung mit Kunden und Unternehmen

38 Prozent der Studienteilnehmer wollen die digitale Transformation vorantreiben und die Lieferketten stärken. Das sind zwei Bereiche, für die ein ERP-System unverzichtbar ist. Die digitale Vernetzung mit Kunden, Lieferanten und anderen Akteuren in der Medizintechnik lässt sich ohne digitale Strukturen und Prozesse im eigenen Unternehmen nicht bewerkstelligen. Mit ihrem modularen Aufbau und ihrer durch eine Vielzahl an Schnittstellen (APIs) offenen Architektur schaffen moderne Cloud-ERP-Systeme die Grundlage, auf der sich die entsprechenden Geschäftsmodelle aufbauen lassen: Digitale Verkaufskanäle in Form von Online-Shops oder ausgereiften Kundenportalen eröffnen den Zugang zu neuen Kundengruppen und internationalen Märkten.

Die Digitalisierung des Einkaufs ermöglicht durch die stark vereinfachte Diversifizierung im Bereich der Zulieferer nicht nur eine Verbreiterung des zugänglichen Angebots und einen verbesserten Überblick über verschiedene Einkaufspreise. Auch Lieferketten werden stabiler, wenn medizintechnische Unternehmen auf ein breites, digital orchestriertes Portfolio an Anbietern zurückgreifen können, um etwaige Ausfälle schnell und reibungslos zu ersetzen. Solche Prozesse können sogar automatisiert werden: Durch die digitale Vernetzung mit verschiedenen Zulieferern kann das ERP-System bei diesen selbständig Echtzeit-Informationen zu vorhandenen Beständen, möglichen Lieferzeitpunkten oder Preisen abrufen und auf einem Dashboard übersichtlich darstellen. So ist es kaum verwunderlich, dass 63 Prozent der MedTech-Unternehmen, die bereits digitale Lösungen nutzen, die Vernetzung bzw. Kommunikation mit Kunden und anderen Zielgruppen als Einsatzgebiete nennen. 61 Prozent der Nutzer digitaler Lösungen geben an, die Digitalisierung zur Prozessoptimierung in Vertrieb, Produktion und Einkauf einzusetzen.

Von den Vorteilen der elektronischen Abrechnung (eInvoicing) profitieren 45 Prozent – gegenüber 38 Prozent im Vorjahr. Elektronische Beschaffungsmaßnahmen (eProcurement) setzen bereits 42 Prozent ein, ein Zuwachs von 6 Prozent verglichen mit dem Vorjahreswert. Auch völlig neue Produkte werden durch die Digitalisierung möglich: 24 Prozent der Unternehmen, die an der Herbstumfrage des BVMed teilgenommen haben und bereits digitale Tools einsetzen, entwickeln und vertreiben Software zusätzlich zu ihren analogen Medizinprodukten.

In unserem nächsten Blog-Beitrag erfahren Sie mehr über die Vorteile, die Ihnen ein vollständig in eine Cloud ERP-Lösung integriertes Qualitätsmanagement-System (QMS) bietet.