ERP vs. Warenwirtschaftssystem - Das ist der Unterschied

Aktualisiert: 23. Juli 2025

7 min.

Haufe Redaktion Handel & Vertrieb ERP allgemein

Wachsender Konkurrenzdruck, sinkende Preise und hohe Erwartungen der Kunden sorgen dafür, dass Unternehmen ihre Prozesse zum Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit in allen Bereichen optimieren. Warenwirtschaftssystem (Wawi), Enterprise-Resource-Planning-System (ERP) oder vielleicht beides? Welche Lösung die richtige für Ihren Anwendungsbereich ist und wo die Unterschiede zwischen ERP und Warenwirtschaftssystem liegen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

ERP, Warenwirtschaftssystem oder beides?

Die Notwendigkeit, digitale Werkzeuge für eine effiziente Steuerung der Unternehmensabläufe einzusetzen, ist weithin bekannt und steht im Kern dessen, was oft unter dem Schlagwort "Digitalisierung" diskutiert wird. Doch die entscheidende Frage lautet: Was braucht mein Unternehmen wirklich – ein ERP-System, ein Warenwirtschaftssystem oder vielleicht sogar beides? Und wie lassen sich die Prozesse optimal digitalisieren?

 

Ein erster Blick in die Praxis zeigt, dass die Begriffe ERP und Warenwirtschaftssystem oft synonym verwendet werden. Das führt nicht nur bei der Recherche zu Verwirrung, sondern erschwert auch die Auswahl des passenden Tools. Zwar basieren sowohl ERP- als auch Warenwirtschaftssysteme auf leistungsfähiger Software, doch ihre Ausrichtung unterscheidet sich. Während Warenwirtschaftssysteme nur auf Material- und Warenbewegungen abzielen, decken moderne ERP-Systeme neben den Lagerprozessen auch sämtliche anderen Unternehmensprozesse ab und beziehen dabei alle Abteilungen in die Digitalisierung mit ein. Ein Blick auf die Unterschiede hilft dabei, das passende System für die individuellen Anforderungen eines Unternehmens zu finden.

Unterschied ERP-System und Warenwirtschaftssystem

Festzuhalten ist: Warenwirtschaftssysteme konzentrieren sich hauptsächlich auf den Materialfluss. ERP-Systeme hingegen verfolgen einen umfassenderen Ansatz und verbessern Abläufe, indem sie das gesamte Unternehmen im Blick haben. Die Unterschiede zwischen beiden Systemen sind daher deutlich. Das wird auch beim Vergleich der Funktionen von ERP- und Warenwirtschaftssystemen klar:

Die Tabelle zeigt deutlich: Der Schwerpunkt des Warenwirtschaftssystem liegt im Materialfluss inklusive der Produktion. Angebunden ist mit den Bereichen Logistik und Lagerwesen der Bereich Distribution.

  • Aufgabe des Warenwirtschaftssystems ist es beispielsweise Werkstoffe in Material- und Stoffgruppen zu unterscheiden (Auswahl): Rohstoffe, Hilfsstoffe, Betriebsstoffe, Montagebauteile, Ersatzteile, Endprodukte, Kuppelprodukte
  • Im Unterschied zu Warenwirtschaftssystemen sind ERP-Systeme komplexer und zielen auf die gesamte Planung von Ressourcen ab. Dazu ist es erforderlich, ERP-System exakt auf die jeweilige Unternehmensgröße, mitsamt der individuellen Strukturen anzupassen.
  • Ein weiterer Unterschied zum Warenwirtschaftssystem ist die Möglichkeit, Kunden und Lieferanten ins ERP-System zu integrieren. Auch die Einbindung von Niederlassungen oder Tochterunternehmen ist möglich. 
  • Ein Warenwirtschaftssystem konzentriert sich auf einzelne Bereiche wie Einkauf, Lager oder Produktion. Ein ERP-System hingegen verbindet alle Abteilungen eines Unternehmens – von der Buchhaltung über das Personalwesen bis hin zum Vertrieb – in einer einzigen Plattform und ermöglicht so eine ganzheitliche Steuerung. 
  • Während ein Warenwirtschaftssystem schnell an seine Grenzen stößt, wenn Unternehmen wachsen oder neue Geschäftsmodelle entwickeln möchten, bieten ERP-Systeme flexible Module, die mit dem Unternehmen mitwachsen können. Das ist besonders wichtig bei internationalen Expansionen oder komplexeren Prozessen. 
  • Auch die Integration externer Partner unterscheidet beide Systeme deutlich. Ein Warenwirtschaftssystem arbeitet primär intern, während ein ERP-System Kunden, Lieferanten und Partner direkt über Schnittstellen oder Portale einbinden kann. 
  • Die Möglichkeiten zur Datenanalyse sind ebenfalls unterschiedlich. Im Warenwirtschaftssystem fokussieren sich diese auf Bestände oder Materialbewegungen. Ein ERP-System bietet hingegen umfassende Analyse- und Reporting-Funktionen über alle Unternehmensbereiche hinweg und schafft so die Grundlage für fundierte Entscheidungen. 
  • Ein weiterer Unterschied liegt im Automatisierungspotenzial. In einem Warenwirtschaftssystem müssen viele Prozesse manuell angestoßen werden, wie beispielsweise Nachbestellungen. Mit einem ERP-System lassen sich solche Abläufe vollständig automatisieren – etwa automatische Bestellungen bei Mindestbeständen oder Rechnungsprozesse. 
  • Auch in puncto Transparenz gibt es Unterschiede: Während das Warenwirtschaftssystem vor allem bereichsbezogene Informationen liefert (z.B. was im Lager oder Einkauf passiert), bietet ein ERP-System einen Überblick über das gesamte Unternehmen in Echtzeit (z.B. welche Kunden offene Rechnungen haben und kurz vor einem Lieferstopp stehen, wo kritische Support-Tickets zu lange unbeachtet bleiben oder welche Lieferungen noch ausstehen). 
  • Schließlich spielt auch der Einsatzbereich eine Rolle: Ein Warenwirtschaftssystem eignet sich besonders gut für reine Handels- oder Produktionsunternehmen mit klar definierten Materialflüssen. Dagegen kann ein ERP-System auch in Dienstleistungs-, Technologie- oder Projektunternehmen eingesetzt werden, da es weitreichendere Funktionen bietet.

 

Der Vergleich zeigt deutlich: Warenwirtschaftssysteme konzentrieren sich vor allem auf die Verwaltung von Material und Waren. Doch in vielen Unternehmen sieht der Alltag anders aus. Die Wertschöpfung erfolgt längst nicht mehr nur durch den Verkauf von Waren. Auch Dienstleistungen und Services gewinnen immer mehr an Bedeutung, und manche Unternehmen bieten sogar ausschließlich solche Leistungen an. Solche Geschäftsmodelle lassen sich mit Warenwirtschaftssystemen oft nur unzureichend abbilden. ERP-Systeme hingegen sind besser darauf ausgelegt, vielfältige Geschäftsprozesse softwaregestützt abzubilden, zu beschleunigen oder gar vollständig zu automatisieren.

 

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Was ist ein Warenwirtschaftssystem?

Der Definition nach sind Warenwirtschaftssysteme (WWS) computergestützte Verfahren, die der Erfassung und zielorientierten Verarbeitung von Warenbestands- und Bewegungsdaten dienen. Ziel eines Warenwirtschaftssystems ist es, die effiziente und effektive Steuerung der Warenflüsse sicherzustellen. Der Einsatz von Warenwirtschaftssystemen ist weit verbreitet. Heute ist die Anwendung derartiger Steuerungssoftware nicht mehr nur Handelsketten oder Handelsbetrieben vorbehalten, sondern findet Anwendung auch in kleineren und mittleren Betrieben (KMU) anderer Bereiche.

 

Ein Warenwirtschaftssystem (WWS oder Wawi) konzentriert sich hauptsächlich auf die Verwaltung von Warenströmen innerhalb eines Unternehmens. Vorrangiges Ziel eines Warenwirtschaftssystems ist der reibungslose, transparente und effiziente Ablauf der Warenprozesse. Im Prinzip geht es darum, sicherzustellen, dass die richtigen Waren mit minimalem Kostenaufwand in der richtigen Menge zum richtigen Zeitpunkt ankommen. Ein Enterprise Resource Planning (ERP)-System hingegen integriert und verwaltet eine Vielzahl von Geschäftsprozessen und -funktionen, einschließlich Finanzen, Personalwesen, Produktion und Vertrieb, und bietet somit eine umfassendere Lösung für die gesamte Unternehmensorganisation.

Was ist ein ERP?

ERP-Systeme – oder Enterprise-Resource-Planning-Systeme – sind komplexe Werkzeuge einer integrierten Unternehmensverwaltung. Was man genau unter einem ERP-System versteht, ist in der Regel auch vom individuellen Einsatzbereich und den Erfordernissen des jeweiligen Unternehmens abhängig. Im Allgemeinen subsumiert sich unter dem Begriff ERP-System die unternehmerische Aufgabe, Personal und Ressourcen wie Kapital, Betriebsmittel, Material sowie Informations- oder Kommunikationstechnologien bedarfsgerecht zu planen, zu steuern und zu verwalten. Oder anders formuliert: IT-gesteuerte und Cloud-basierte ERP-Systeme ermöglichen es Unternehmen, ihre komplexen Betriebsabläufe auf digitaler Grundlage zu planen, durchzuführen und funktionierende Abläufe sicherzustellen.

Eine leistungsfähige Software integriert eine Vielzahl unterschiedlicher Geschäftsanwendungen und die Betriebsdaten in einer zentralen Datenbank. Moderne ERP-Systeme verarbeiten und speichern diese Daten in einer Cloud – und ermöglichen den weltweiten Zugriff auf die bereitgestellten Informationen.

 

ERP-Systeme betrachten das Unternehmen als Ganzes und schauen neben den Waren gleichzeitig auf Finanzen, Personal und Betriebsmittel – sie bilden die gesamte Ressourcenplanung inklusive eines Austausches mit Drittsystemen ab.  ERP steht für Enterprise Resource Planning und beschreibt eine Software, mit der sich alle wichtigen Bereiche eines Unternehmens digital steuern lassen. Ein ERP-System deckt sämtliche Abläufe ab, die für den Betrieb eines Unternehmens notwendig sind. Dazu gehören unter anderem Finanzbuchhaltung, Controlling, Warenwirtschaft, Kundenmanagement (CRM), Dokumentenmanagement und Servicemanagement. Aber auch Projektcontrolling, Produktionsplanung und -steuerung sowie Qualitätsmanagement werden unterstützt. Zusätzlich bietet ein ERP-System integrierte Reporting-Funktionen und Dashboards. Diese sorgen dafür, dass wichtige Kennzahlen übersichtlich und aktuell dargestellt werden. So können Entscheidungen auf Basis der aktuellen Unternehmenssituation sicher getroffen werden. 

Vorteile: Verknüpfung von ERP und Warenwirtschaftssystem

Ein System – alle Prozesse im Griff. Diese griffige Formel versinnbildlicht die Vorteile, die bei einer Verknüpfung von ERP und Warenwirtschaft entstehen. Stand der aktuellen Entwicklung bei ERP-Systemen ist die Vollintegration eines Warenwirtschaftssystems.
Neben dem zeit- und ortsunabhängigen Zugriff auf Cloud-basierte ERP-Systeme bietet das Modul Warenwirtschaft beispielsweise folgende Funktionen:

  • Lagerhaltung
  • Produkt- und Artikelverwaltung
  • Verwaltung von Kundenaufträgen
  • Verwaltung von Bestellungen
  • Bestellmanagement
  • Auftragsabwicklung

 

Perfekt aufeinander abgestimmte Module, die miteinander harmonieren, bieten in der Anwendung zusätzliche Vorteile und beenden das Nebeneinander verschiedener Systeme. ERP-Systeme mit voll integriertem Warenwirtschaftssystem erhöhen die Verfügbarkeit, sind weniger anfällig für Störungen und erfordern einen geringeren Schulungsaufwand. Gleichzeitig überzeugen derartige Systeme mit ihrer Funktionsvielfalt und ermöglichen es, schneller und flexibler auf das aktuelle Marktgeschehen zu reagieren.

ERP oder Wawi: Was brauche ich?

So viel vorab: Voll integrierte Warenwirtschaftssysteme sind nur in Verbindung mit einem ERP-System möglich. Welche Lösung für Ihr Unternehmen sinnvoll ist, das richtet sich grundsätzlich nach den jeweiligen Anforderungen. Sicher ist jedoch: Immer mehr Betriebe sind keine klassischen Handelsunternehmen mehr. Für derartige Betriebe waren herkömmliche Warenwirtschaftssysteme ursprünglich gedacht – und der Funktionsumfang ausgerichtet.

Die Situation vieler Unternehmen zeigt jedoch, dass Services und Dienstleistungsangebote zu Sicherung der Marktposition immer wichtiger werden. Je nach Unternehmen benötigen Sie vielleicht sogar eine Kombination aus ERP und Warehouse Management System.  Lesen Sie jetzt mehr zum integrierten Einsatz von Warenwirtschaftssystemen im Beitrag WMS und ERP.

 

Fazit

Klassische Warenwirtschaftssysteme stoßen häufig an Grenzen. Unternehmen, die auf der Suche nach einer ganzheitlichen Softwarelösung sind, die in der Lage ist, mit dem Betrieb zu wachsen und auf einen Omnichannel-Vertrieb setzen, sind mit einem ERP-System mit voll integriertem Warenwirtschaftssystem – bestens beraten. Mit dem ERP System Haufe X360 vernetzen Sie alle Geschäftsprozesse Ihres Unternehmens. Sprechen Sie uns noch heute an und gestalten Sie Ihre abteilungsübergreifenden Prozesse effizienter.