ERP-Einführung in Coronazeiten? Darauf müssen Sie achten

Die Corona-Pandemie betrifft uns alle – aber gerade Europas Wirtschaft spürt die Folgen stark. Mittelständische Unternehmen kämpfen um ihr operatives Geschäft. Projekte, wie ERP-Einführung, laufen dagegen größtenteils weiter. Finanzielle Konsequenzen wären bei Abbruch eines solchen Projekts zu hoch und durch die sinkende Nachfrage werden Kapazitäten frei. Die Vorzeichen, jetzt eine ERP-Implementierung durchzuführen, könnten schlechter sein.

Jedoch sind nicht alle strategischen Projekte immun gegen die Krise. Gerade die Kommunikation mit Kollegen, Partnern und Dienstleistern ist durch die soziale Distanzierung erschwert und muss auf Umwegen geschehen. Nicht jedes Unternehmen hat eine ausreichende IT-Infrastruktur, um Home Office und Remote Arbeit absolvieren zu können. Und auch auf der sozialen Ebene dominiert Ungewissheit und Anspannung angesichts dieser neuen Situation.

Der letzte Punkt sollte erst recht nicht unterschätzen werden, denn fehlende Anwenderakzeptanz ist einer der größten Stolpersteine jedes ERP-Projekts.

Change Management als wichtigster Krisenfaktor

In normalen Situationen kann eine ERP-Einführung schon für Unternehmen bedrohlich wirken. Auf ein Mal sollen sich bekannte Strukturen und Abläufe ändern, die man jahrelang durchgeführt hat. Arbeitsleistung wird transparent und Bewertungskriterien werden neu definiert. Prozesse werden sichtbar, die zuvor nur in den Köpfen der Mitarbeiter existiert haben. Abläufe hängen nicht länger an dem individuellen Wissen einzelner Personen, sondern sollen nun standardisiert werden, damit jeder in der Lage ist diese durchzuführen.

Mit dieser einschneidenden Änderung möchte die Geschäftsleitung eine Effizienzsteigerung erreichen. Mitarbeiter fürchten aber um Ihren Job, da sie damit Personalabbau in Verbindung bringen. Dieser Wiederspruch benötigt in guten Zeiten schon exzellentes Change Management. In Krisenzeiten sollte man noch zusätzliche Faktoren beachten:

Existenzängste – Die Krise kostet in vielen Unternehmen Arbeitsplätze, da die Nachfrage abrupt abgenommen hat und Unternehmen ihre Kapazitäten reduzieren müssen.

Angesichts akuter Bedrohungen denken Menschen kurzfristig – Unser Gehirn ist darauf getrimmt keine langfristigen Entscheidungen zu treffen bis die Gefahr vorüber ist. Das macht es schwierig Mitarbeiter für strategische Projekte zu gewinnen.

ERP-Projekte werden oft als Geldverschwendung wahrgenommen – Die finanziellen Ressourcen des Unternehmens sollten in den Augen der Belegschaft dazu verwendet werden, die Krise zu bewältigen und so viele Arbeitsplätze wie möglich zu sichern.

ERP-Einführung und Krisenbewältigung beeinflussen sich gegenseitig – Wenn die Mitarbeiter das Vertrauen in das Krisenmanagement der Geschäftsführung verliert, hat das auch Konsequenzen für die ERP-Anwenderakzeptanz und umgekehrt.

Timing hat große Bedeutung – Die Geschäftsführung sollte gegenüber seinen Mitarbeitern nicht nur erklären, warum es ein ERP-System überhaupt einführt, sondern auch warum dies gerade jetzt in schwierigen Zeiten passiert. Es gibt durchaus Mitarbeiter, die der ERP-Einführung zwar positiv gegenüberstehen, aber den Zeitpunkt kritisieren. In Krisenzeiten tritt dies häufiger auf.

Während Corona kann das Change Management auch auf der Prozessebene beeinträchtigt sein. Soziale Distanzierung sorgt in vielen Unternehmen für digitale Abstimmung – dadurch wird aber ein informeller Kommunikationskanal ausgeschlossen. Denn dieser ist wichtig: Führungskräfte können aus dem Flurfunk die Stimmung im Unternehmen erfahren und so die Einstellung der Kollegen gegenüber einer ERP-Einführung entnehmen.

3 Tipps für Krisenzeiten

Machen Sie nicht weiter wie bisher. Standardmaßnahmen reichen während Corona Zeiten nicht aus, denn zusätzliche Hürden benötigen zusätzliche Maßnahmen.

1. Zusätzliche Transparenz im gesamten Unternehmen

Mitarbeiter sind in Krisenzeiten verunsichert, da niemand sagen kann, wie lange diese Krise noch anhält und wann der Weg zur „Normalität“ zurückkehrt. Durch Unsicherheit entstehen schnell Gerüchte, die hoch geschaukelt werden.

Sprechen Sie am besten mit der ganzen Belegschaft offen über die Situation:

  • Wie geht es der Firma?
  • Ist es abzusehen, ob die Krise für Ihr Unternehmen bereits Konsequenzen mit sich zieht?
  • Welche Maßnahmen werden ergriffen?
  • Wann werden diese Maßnahmen ergriffen?
  • Sind Arbeitsplätze in Gefahr?
  • Gibt es eine Prognose für die kommende Zeit?

2. Persönliche Kommunikation ist das A&O.

Wie oben beschrieben, können Führungskräfte ohne Flurfunk die Stimmung in der Belegschaft schwer erfassen. Während offiziellen Meetings verhält man sich einfach anders als in der Teeküche – denn über offizielle Kanäle lässt es sich schwerer mitteilen, was einen stört.

Daher ist es wichtig persönlichen Kontakt mit Kollegen zu halten. Denn unter vier Augen lässt sich leichter darüber sprechen, was einem momentan auf dem Herzen liegt. Bieten Sie zum Beispiel digitale Sprechstunden an oder nutzen Sie private Chat-Kanäle. Denn Unzufriedenheit oder auch Bedenken über eine ERP-Einführung spielt oft auch eine persönliche Komponente mit rein.

3. Seien Sie auf die Frage „Warum jetzt?“ vorbereitet.

Bereiten Sie sich auf jeden Fall auf diese Frage vor, denn Sie wird kommen. Aus der Sicht Ihrer Kollegen wird sich die Frage aufdrängen, warum man so ein großes Projekt gerade in einer Krisenzeit in Angriff nimmt. Die Frage ist ganz logisch, wenn die ganze Gesellschaft schon Einbußen und Schadensbegrenzungen redet.

Auf der anderen Seite gibt es aber auch Branchen bei denen der geringe Austragseingang überschaubar bleibt oder einfach nur nach hinten verschoben wurde und nach dem Wiederanlauf der deutschen Wirtschaft zu einer Nachfragewelle kommen wird. Gerade dann wird es wichtig sein optimal für seine Kunden aufgestellt zu sein und gestärkt aus dieser Krise hervor zu gehen als die Wettbewerber.

Machen Sie also den fragenden Kollegen klar, was Ihre Beweggründe sind dieses Projekt genau jetzt zu starten. Vielleicht war die Einführung schon vorher geplant? Oder Sie nutzen nun freie Kapazitäten?

Trotz Herausforderungen zu einer erfolgreichen ERP-Einführung

Wir müssen uns nichts vormachen, natürlich ist eine Krisensituation eine Herausforderung für eine ERP-Einführung. Die allgemeine wirtschaftliche Situation ist angespannt, die Kommunikationswege sind eingeschränkt und auch die privaten Aspekte sind nicht zu ignorieren.

Angepasstes Change Management führt Sie aber dennoch auch in Krisenzeiten zu einer erfolgreichen ERP-Einführung.